„Du brauchst nur den richtigen Mindset!“ Dieser Satz begegnet uns häufig, wenn wir uns an Trainer, Coaches oder Therapeuten wenden und uns zum Ziel gesetzt haben, in unserem Leben etwas zu verändern. Unabhängig um welches Ziel es sich dabei handelt, beispielsweise im Sport und Training, wenn wir unsere Ernährungsgewohnheiten ändern wollen, sowie auch in anderen persönlichen oder beruflichen Lebensbereichen – vor allem aber auch wenn wir zuvor an solchen Veränderungsprozessen gescheitert sind – unser Mindset wird dafür verantwortlich gemacht, ob wir unsere Ziele erreichen oder nicht! Doch was versteh man eigentlich unter diesem populären Begriff?
Der Begriff Mindset beschreibt unsere persönliche Denkweise und unsere grundliegenden Einstellungen. Darunter versteht man nicht nur die Art und Weise wie wir an Dinge herangehen, oder wie wir in bestimmten Situationen reagieren, sondern auch wie wir mit uns selbst sprechen, welche Einstellungen wir zum selbst haben und wie wir damit umgehen, wenn uns Herausforderungen und Widerstände begegnen. Die äußeren Umstände sowie diese Herausforderungen und Widerstände können wir oft nur sehr begrenzt beeinflussen. Sehr wohl können wir aber die Art und Weise wie wir darüber denken, sprechen und wie wir auf äußere Umstände reagieren, verantworten – die damit beschriebenen Verhaltensweisen werden häufig als ein „richtiges Mindset“ verstanden.
Der Satz „Du brauchst nur das richtige Mindset und du kannst alles Verändern sowie jedes Ziel erreichen“ klingt einfach und vielversprechend, aber gerade darin liegt häufig die besondere Herausforderung und dieser Satz führt nur all zu leicht zur Frustration, da sich dahinter Lernerfahrungen und Prägungen verbergen die in unserer Vergangenheit, oft über lange Zeit entstanden sind. Dabei liegen unserem Mindset sowohl unsere positiven wie auch unsere negativen Erfahrungen zu Grunde. Daraus entstehen positive und auch negative Glaubenssätze und Vorannahmen die unser Verhalten, unsere Reaktionen und Denkweisen, ja sogar unsere Beziehungen, nichtbewusst beeinflussen und bestimmen. Es handelt sich dabei häufig um tief in uns verankerte Filter, die großen Einfluss auf unser weiteres Leben sowie unsere Entscheidungen haben. Nicht selten erschweren gerade diese erlernten Erfahrungen und Vorannahmen Veränderungsprozesse und sabotieren unsere Bemühungen die von uns gesetzte Ziele zu erreichen.
Dr. Carol S. Dweck, hat sich in Ihrer Forschungsarbeit intensiv damit auseinandergesetzt und unterscheidet dabei zwei Arten von Mindset – ein „Fixed Mindset“ und ein „Growth Mindset“:
Ihren Ausführungen folgend, beschreibt ein Fixed Mindset eine Vorannahme, dass unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten festgeschrieben sind und auch durch unsere Bemühungen nicht oder nur schwer verändert werden können – es handelt sich dabei um statische Überzeugungen. Das von ihr beschriebene „Growth Mindset“ ist gekennzeichnet durch die Annahme, dass wir uns stets nach unseren Möglichkeiten weiterentwickeln und unsere Fähigkeiten verbessern können.
Wichtig ist dabei zu beachten, dass Menschen nicht entweder der einen oder der anderen Kategorie angehören, sondern beide „Mindsets“ in jedem von uns vorhanden und unterschiedliche stark ausgeprägt sind. Unsere Einstellungen können sich auch den Umständen sowie neuen Lernerfahrungen entsprechend verändern oder auch in unseren einzelnen Lebensbereichen unterschiedlich sein.
An den Beispielen „Sport und Training“ sowie „Ernährung“ lassen sich die Herausforderungen bei der Veränderung des Mindsets anschaulich darstellen:
Viele von uns kennen die Herausforderungen, die uns begegnen, wenn wir uns in diesen Bereichen Ziele gesetzt haben. Beispielsweise haben wir den Vorsatz gefasst, regelmäßige Bewegung und Training in unseren Alltag zu integrieren, um unsere körperliche Fitness zu verbessern, uns möglicherweise für einen Wettbewerb vorzubereiten sowie bestimmte Trainingsziele zu erreichen. Oder wir nehmen uns eine schon lange überlegte Ernährungsumstellung vor, um Gewicht zu reduzieren oder einfach um einen gesünderen Lebensstil zu realisieren.
Nicht selten finden wir in individuellen Biographien schon frühere Versuche solche Ziele zu erreichen, jedoch sind diese Bemühungen aus unterschiedlichen Gründen häufig immer wieder gescheitert oder der erhoffte Erfolg ist ausgeblieben. Ein Grund für frühere Misserfolge kann sein, dass diese Ziele nicht realistisch definiert oder zu ungenau formuliert wurden. Möglicherweise waren diese früheren Ziele auch nicht in den individuellen beruflichen und privaten Alltag und Lebensplan integrierbar, oder unsere innere Einstellung und Denkweise hat uns dabei, unsere Ziele zu erreichen, sabotiert. Um eine Erklärung für frühere Fehlversuche zu finden, ist es notwendig, möglichst viele in Frage kommende Faktoren in der Analyse mit einzubeziehen.
Den, von vielen Trainern und Coaches vorgeschlagenen „richtigen Mindset“ kurzfristig und oberflächlich zu ändern, fällt am Anfang oft leicht, da gerade zu Beginn eines Trainings oder Veränderungsprozesses häufig die Motivation und Euphorie groß ist – unglücklicher Weise verschwindet diese aber nach den ersten Wochen oder Monaten wieder und es schleichen sich zunehmend wieder alte Verhaltensmuster und Denkweisen ein – dadurch entstehen häufig Gefühle der Frustration, des Versagens und die zuvor gesetzten Ziele werden schließlich wieder aufgegeben.
Gerade im Sport und im Bereich der Ernährung bedeutet eine Änderung des Mindsets auch immer eine Modifikation des persönlichen Lebensstils. Damit das auch nachhaltig gelingen kann, bedarf es einiger bestimmter Voraussetzungen:
1. Alles steht und fällt mit der Vorbereitung
Ist das Ziel, den eignen Mindset sowie den bisherigen Lebensstil zu ändern, muss man zu aller erst den Ist-Zustand wirklich verstehen lernen! Was definiert die aktuelle persönliche Einstellung und Denkweise? Was kennzeichnet den individuellen und aktuellen Lebensstil? Was sind die eigenen Möglichkeiten und Ressourcen? Was genau soll verändert werden und wie? Und WARUM ist diese Veränderung persönlich so wichtig?
Nicht nur die genaue Klärung des Ist-Zustandes und der Motivation ist dabei wichtig, sondern auch eine genaue Analyse und ein Verstehen früherer Erfahrungen und Versuche!
2. Ziele müssen genau und nachvollziehbar definiert werden
Was ist mein genaues Ziel bzw. was möchte ich genau verändern? Warum ist dieses Ziel oder diese Veränderung wichtig für mich persönlich? Was muss und möchte ich genau tun, um dieses zu erreichen (z.B. mit der SMART-Methode)? Welche Hindernisse und Widerstände können auf meinem Weg zum Ziel Schwierigkeiten bereiten und wie genau kann ich diese dann überwinden (bereits im Vorhinein konkret überlegen)? Welche Bedeutung hat es für mich persönlich, wenn ich mein Ziel bzw. die von mir gewünschte Veränderung erreicht habe?
3. Wir sind NICHT unsere Gedanken und Gefühle
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die De-Fusionierung von unseren eigenen Gedanken und Gefühlen! „Ich habe Gedanken und Gefühle – ABER – ich bin nicht meine Gedanken und Gefühle!“
Jeder von uns hat einen mehr oder weniger ausgeprägten inneren Kritiker! Wenn wir darauf achten, wie wir in unserem inneren Dialog mit uns selbst sprechen, entdecken wir dort häufig innere Imperative, beispielsweise. „Das schaffst du sowieso nicht!“, „Das kannst du nicht“. „Andere können das viel besser also du!“ oder „Du hast das nicht verdient, du bist nicht gut genug“, „Was werden die anderen denken, wenn ...“, etc. ...
Alle diese inneren Sätze sabotieren unser Handeln und lösen bei uns unangenehme Gefühle aus, die dem Erreichen unserer Ziele entgegenstehen!
Um unsere dysfunktionalen Gedanken und inneren Imperative verändern zu können ist es notwendig uns dieser Gedanken bewusst zu werden und, dass wir diese achtsam erkennen lernen. Wir müssen verstehen lernen, dass uns diese Gedanken nicht ausmachen oder unsere Persönlichkeit beschreiben und es in unserer Hand liegt auf sie Einfluss zu nehmen sowie diese zu verändern. Damit kann gerade zu Beginn einige Anstrengung verbunden sein, aber auch hier gilt der Grundsatz, je mehr Übung wir darin haben, umso leichter wird es unsere Gedanken zu meistern.
4. Unser Umgang mit Rückschlägen
Es ist wichtig, Rückschläge konstruktiv nutzen zu lernen! Gibt es Situationen oder Phasen, in denen wir in alte Muster zurückfallen, ist damit unser Ziel nicht gleich verloren. Wir können diese Phasen nutzen, um daraus zu lernen und unser Denken und Handeln weiterzuentwickeln. Wichtig ist, dass wir dabei nicht frustriert aufgeben, sondern akzeptieren lernen, dass es solche Phasen gibt und diese zu einem Entwicklungs- und Veränderungsprozess dazu gehören, ja sogar wichtig dafür sein können, um daraus zu lernen. Unser Vorhaben ist deswegen nichtgescheitert, solange wir am nächsten Tag einfach wieder da weiter machen wo wir vor dem Rückschlag aufgehört haben! Vielleicht kann es aber auch notwendig, diese Phasen zu nutzen, um unsere Strategie zu reflektieren und ein wenig anzupassen.
5. Der Faktor Zeit
Jeder Veränderungs- und Entwicklungsprozess benötigt Zeit und nur selten passieren solche Schritte von „heute auf morgen“! Es gibt auch Lebensphasen, die möglicherweise nicht die beste Vorrausetzung für den Beginn solcher Prozesse darstellen.
Möchten wir unseren Mindset oder unseren Lebensstil nachhaltig und fundiert verändern, ist wichtig, dass wir uns die Zeit dafür erlauben, die wir individuelle benötigen. Wie lang ein solcher Prozess dauern kann, ist von vielen persönlichen Faktoren abhängig – auch ob wir diesen Weg alleine beschreiten, oder ob wir dabei von einem erfahrenen und zu uns persönlich passenden Experten begleitet werden. Aus diesem Grund können hier keine allgemein gültigen Pauschalaussagen getroffen werden. Fakt ist erfahrungsgemäß, dass nachhaltige Veränderungen selten unter Druck funktionieren.
Unser Denken, unsere persönliche Weltanschauung, aber auch unsere früheren Erfahrungen beeinflussen nichtbewusst unser Handeln und damit das Gelingen unserer Vorhaben, sowie das Erreichen unserer Ziele. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir achtsam und bewusst mit unserem Mindset umgehen und verstehen lernen, dass Weiterentwicklung und der Weg zu unseren Zielen Spaß machen kann und wir uns immer nach unseren individuellen Möglichkeiten entwickeln und verbessern können! Unsere Fehler und Fehlversuche helfen uns in diesen Prozessen genauso weiter, wie unsere Erfolge!
Wenn Sie bei Ihren persönlichen Entwicklungsprozessen, oder bei der Veränderung Ihrer Denkweisen, von einem „Fixed Mindset“ hin zu einem „Growth Mindset“, Schwierigkeiten haben, kann eine verhaltenstherapeutische Begleitung oder die Betreuung durch erfahrene, sowie zu Ihnen persönlich passende Trainer*Innen oder Diätolog*Innen, eine wertevolle Hilfe darstellen!
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